Erwin Fiala: Katalog
"Neue Medien" 1992
"Das
Wesentliche bei meiner künstlerischen Äußerung ist mit dem gedanklichen Vorgang
abgeschlossen. "
Skreiners
Bilder sind Ausdruck eines komplexen Strukturdenkens. Nicht die gegenständliche
Erscheinung
der Welt, sondern mathematisch-strukturelle Relationen, die sich aus wenigen
Grundkomponenten
ergeben können, sind G. Skreiners primäre Reflexionsobjekte.
In
seiner Auffassung von Kunst spiegelt sich die Tradition des rationalen
Konstruktivismus und
des
mathematischen Universalismus eines Piet Mondrian. Eine derartige Intention
findet im
Medium
des Computers als automatisiertes Recheninstrument mit gleichzeitiger
Visualisierung der
Ergebnisse
ein geeignetes Hilfsmittel.
Die
durch relativ wenige Parameter determinierten Systemordnungen können durch die
Einführung
variabler
Funktionsgrößen in ihrem Erscheinungsbild zu immer wieder differenzierten
Strukturimagines
führen.
Diese Vorgangsweise ermöglicht serielle Variationen, die aus einem konstanten
Grundvokabular,
aber
vielleicht nur einer einzigen veränderbaren Variablen, generiert werden.
Die
formale Spannung der Bilder entsteht aus den Beziehungen der einzelnen Elemente
zueinander,
entsteht
also aus deren Verteilungsmuster, der Dichte, Lagerung und farbliehen
Korrespondenz.
Die
von Skreiner mit Hilfe des Computers errechneten Systemordnungen sind darüberhinaus derart
konzipiert,
daß sie in einem anderen Medium, z. B. akustisch, in
sinnliche Wahrnehmung transformiert
werden
können.
Skreiners
"Kompositionen" entfalten sich einerseits als Ausdruck einer
mathematisch-objektiven
Vorgangsweise
(immerhin ist die Subjektivität des Künstlers auf einige wenige Entscheidungen
in
bezug auf die Veränderung
von Variablen reduziert), andererseits treffen sie in ihrer sinnlichen
Realisationsform,
ob malerisch-piktural oder akustisch, auf die
subjektive Wahrnehmung
und
Interpretation des Betrachters.
Daraus
ergibt sich die paradoxe Situation einer zwar methodisch rational generierten
Erscheinungsform,
die aber letzendlich eine nicht objektiv bewertbare
Wirkung beim Rezipienten
evoziert.
Skreiners
Präferenz des Konzeptes bzw. dessen mathematischer Formulierung gegenüber der
handwerklichen
Ausführung ist eindeutig. Sein Zugeständnis an die traditionelle Form der Malerei
fällt
betont bescheiden aus und beweist den Extrempol aller "conceptual
art"-Ansätze:
letztendlich
könnte die künstlerische Äußerung auf den "Fluxus"
eines Gedankens, also auf das reine
Denken
reduziert werden. Für eine radikale Konzept-Kunst ist weder eine
akustisch-verbale noch
eine
schriftliche Umsetzung erforderlich. Polemisch könnte man fragen, wie sich mit
derartigen
rein
ideellen Produkten, die ja wegen der fehlenden materiellen Umsetzung nicht
einmal
mehr
kommunizierbar wären, kommerziell noch umgehen ließe?
Analog
dazu verweisen solche Tendenzen auf die in den letzten Jahren vermehrt
konstatierte
Annäherung
zwischen Kunstschaffenden und Kunsttheoretikern, bis zu akademischen
Philosophieprofessoren.
(Erinnert sei in diesem Zusammenhang z. B. an die vom französischen
Philosophen
Jean-Francois Lyotard konzipierte Ausstellung "Les
imrnateriaux" in Paris.)
Jedenfalls
erscheint Gunther Skreiners Kunstauffassung durchaus im Bereich dieser
Entwicklungen
zu
liegen.
Das
vorliegende Bild ist Teil einer seriellen Umsetzung der bereits angesprochenen
Strukturreflexion.
Von
einem gleichbleibenden Grundthema ausgehend werden experimentelle Anordnungen
einer
differenzierten Dichte, Rasterung und Verteilung der Farbelemente entwickelt.
Die errechnete
Ordnung
wurde in Form kleiner Farbrechtecke auf einer ungrundierten
Leinwand materialisiert.
Stellte
Skreiner in seinen früheren Arbeiten noch ganze Serien unter Angabe der
Ausgangsparameter
her,
so verweigert er hier jede genaue Auskunft über die zugrundegelegten
Daten. Dennoch gehen
sowohl
die Ordnungs- und Beziehungsfaktoren als auch die im einzelnen
monochrom gehaltenen Farbwerte
der
rhythmischen Graphismen auf computerunterstützte Berechnungen zurück, die auch
in anderer
sinnlicher
Repräsentanz verwirklicht werden können.