Dieter Bogner: Katalogtext zu ‚Analyse
82‘
Langsam,
träg, unwillig fügen sich die Tatsachen in die strenge
Ordnung,
die ich ihnen geben will, aber diese bleibt ihnen äußerlich.
Ich
habe den Eindruck reine Phantasiearbeit zu machen.
J.
P. Sartre
Gunther
Skreiner verfügt über eine beschränkte Zahl gerader Linien, die die Felder
eines
Quadratrasters
horizontal, vertikal und diagonal teilen können. Schon die andere
Winkelneigung, die
hier
vorgesehen ist, bedingt einen völlig anderen Ausdruckscharakter als bei Zilocchi. In umfangreichen
Serien
untersucht Skreiner jeweils das Geschehen unter wechselnden Voraussetzungen:
Während
das
Grundvokabular gleich bleibt, wird in jedem Teil ein Bestimmungsfaktor
systematisch verändert:
Rastergröße,
Dichte der Zeichen, Bildformat. Kontrollierbar sind somit die meßbaren Bedingungen, zu
befragen
ist das visuelle Geschehen, das sich von Bild zu Bild und von Serie zu Serie
vollzieht.
Die Künstler entwerfen keinesfalls solche komplizierte Verknüpfungsformeln (Systeme), ohne eine
bildliche Vorstellung vom Ergebnis in ihre
Überlegungen mit einzubeziehen.
Die aus einer Serie gewonnenen Erfahrungen
fließen zwangsläufig in die Konzeption der nächsten ein.
So arbeitet jeder Künstler an einem oder
an mehreren Problemen formbildender Prozesse. Das ungebrochene
Interesse, das solche Fragestellungen
finden, ist wohl unter anderem auf den Umstand zurückzuführen,
daß das systematische
Gestalten von Beziehungen, die als Spannung zwischen zwei oder mehreren
Elementen
erfahren werden, ein weites Feld für
künstlerische Erlebnisse offen hält: Die
Unbestimmtheitsrelationen,
die aus dem Verhältnis von rational
beschreibbarer Ursache und methodisch nicht erfaßbarer
Wirkung
resultieren, bieten dem künstlerischen
Handeln unzählige Ansatzpunkte; diese Arbeit ist aber auch deshalb
von Bedeutung, weil sie sich mit
Grundfragen des Gestaltens überhaupt beschäftigt.
Skreiners
Konzept sieht auch die Möglichkeit vor, die einmal gewählte Struktur in einem
anderen als
dem
malerischen Medium zur sinnlichen Wahrnehmung zu bringen. Selbst eine Umsetzung
in akustische
Zeichen
ist möglich, wodurch völlig andere Erfahrungsbereiche erschlossen werden.